Von der Digitalisierung zur Automatisierung der Buchhaltung
Artikel veröffentlicht am: 10. Juli 2024Digitalisierung ist keine Frage ob, sondern wann
Wir in unserer Kanzlei haben im Jahr 2015 mit der Einführung eines Dokumentenmanagementsystems den ersten Schritt in Richtung Digitalisierung gemacht. Mitte 2017 haben wir uns als Ziel vorgenommen, alle bestehenden Buchhaltungsmandate auf eine digitale Buchhaltung umzustellen.
Um unsere Mandanten für dieses Projekt zu begeistern, haben wir in unserem Empfangsbereich einen Mandantenterminal aufgestellt, an dem unsere Mandanten die digitale Buchhaltung testen können. als besonderen Service können unsere Mandanten auch bei uns in der Kanzlei ihre Buchhaltungsbelege an dem leistungsstarken Scanner scannen.
Jeder neue Mandant, egal ob aus Heilbronn, Pforzheim oder Stuttgart wird sofort auf die digitale Buchhaltung umgestellt. Die Mandanten genießen damit von Anfang an alle Vorteile der digitalen Buchhaltung.
Großbetriebe haben vor langer Zeit begonnen, Dokumente zu digitalisieren, für Kleinstbetriebe stellt sich offensichtlich nicht die Frage ob Rechnungen digitalisiert werden sollen, sondern lediglich ab wann.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Geschäftsprozesse gestalten sich einfacher und effizienter. Ausgangsrechnungen müssen nicht mehr gedruckt, kuvertiert und kostenpflichtig versendet werden, Eingangsrechnungen sind ohne Gang ins teure Archiv jahrelang auffindbar.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen wurden bereits ab dem 1. Juli 2011 durch das Steuervereinfachungsgesetz getroffen, das elektronische Rechnungen und Papierrechnungen gleichstellt.
Webbasierte Cloud-Lösungen sind heute schon in vielen Buchhaltungen Standard. Der Unternehmer lädt die von ihm elektronisch erzeugten Rechnungen per Mausklick in die Cloud. Die Eingangsrechnungen werden direkt in die Cloud-Lösung gescannt.
Der Steuerberater übernimmt die gesetzliche Verpflichtung zur Aufbewahrung und Archivierung der Belege über die Aufbewahrungsfristen, lädt sich die Ein- und Ausgangsrechnungen seines Mandanten in seine Buchhaltungssoftware und die sog.
OCR-Erkennung liest bereits einige Daten der Rechnung aus und belegt sie im Buchungssatz vor. Der Steuerberater muss derzeit noch die korrekte Erkennung überprüfen und eine rechtliche Würdigung hinsichtlich des Sachverhalts vornehmen, um die richtige Verbuchung vorzunehmen.
Anschließend werden die Buchhaltungsauswertungen in der Cloud bereitgestellt, wo sie der Unternehmer jederzeit bequem einsehen kann.
Derzeit entstehen kognitive Softwaresysteme, die aus bekannten Regeln lernen, generalisieren und das Gelernte auf neue Sachverhalte übertragen, ohne menschliche Unterstützung (sog. künstliche Intelligenz (KI).
Was bedeutet das für die Buchhaltung in der Zukunft?
Ein Großteil der Buchhaltungsbelege wiederholt sich laufend und lässt sich daher durch Regeln automatisieren. Wenn der Steuerberater die Buchhaltungsbelege digital von seinem Mandanten bekommt, wird die Erstellung der Buchhaltung weitgehend von einem Buchungsautomaten bearbeitet werden können.
Der Steuerberater muss nur noch einen geringen Teil der Belege manuell bearbeiten und die Buchhaltung schlussendlich prüfen sowie seinem Mandanten die Auswertungen bereitstellen. Da der Buchungsautomat stetig lernt, werden im Laufe der Zeit voraussichtlich 90% der Belege automatisch verbucht werden können.
Der Steuerberater ist mit der Buchhaltung nahezu in Echtzeit auf dem Laufenden, weil er auf tagesaktuelle Daten seines Mandanten zugreifen kann. Damit können Liquidität und Erfolg zeitnah und effizient gesteuert werden.
Unternehmen müssen eine ganzheitliche Buchhaltungslösung etablieren
Neben der mangelnden Schulung des Personals im Unternehmen in Bezug auf die Digitalisierung ist das zweite große Problem oftmals das Fehlen einer digitalen Infrastruktur, welche alle Informationen zusammenführt. Konkreter ist die Rede von einem ganzheitlichen und benutzerfreundlichen Buchhaltungsprogramm, mit welchem alle Aufgaben der (Lohn-)Buchhaltung erledigt werden können. Besonders zielen diese Programme auf die Automatisierung repetitiver Aufgaben ab, also zum Beispiel auf:
- Automatisiertes Erfassen und Verfolgen von Geschäftsausgaben
- Lohnbuchhaltung und Übermittlung von Lohnabrechnungen
- Bankabstimmungen, um Diskrepanzen zu identifizieren und auszuräumen
- Rechnungsstellung und automatischen Mahnungsversand
- Erstellung von regelmäßigen und personalisierten Finanzberichten
Problematisch wird es, wenn analoge und digitale Belege vermischt werden und die Papierdokumente nicht immer einen „digitalen Zwilling“ haben. Das führt zu Chaos in der Buchhaltung und sorgt dafür, dass bestimmte Dokumente ewig in Archiven gesucht werden müssen. Ich rate daher dazu, Dokumente, die in Schriftform erforderlich sind, immer dennoch zu digitalisieren, und das Original sicher zu verstauen.
In einer professionellen Buchhaltungssoftware werden Belege automatisiert und mit KI-Unterstützung zugeordnet, Mahnungen automatisch rechtssicher versandt und wiederkehrende Aufgaben damit minimiert. Beispielsweise läuft die Zuordnung von Zahlungen größtenteils automatisch und muss nur noch einmal menschlich überprüft werden. Programme erkennen Kundendaten auf PDFs und E-Rechnungen automatisch und legen diese in der Kartei an.
Insgesamt lässt sich sagen, dass die Einführung einer digitalen Buchhaltungssoftware und die damit verbunden Schulung der Mitarbeiter eine wichtige Grundlage für die im Folgenden angesprochenen Aspekte ist und den Unterschied in Zeiten von Fachkräftemangel in der Verwaltung machen kann.
Digitale Belege:
Digitalisieren mit Scanner oder App
Für die Digitalisierung von Din A 4 Belegen bietet es sich an, einen handelsüblichen Scanner zu benutzen. auch Multifunktionsgeräte sind grundsätzlich geeignet.
Zu beachten ist jedoch, dass in der Regel auch in anderen Formaten, wie z.B. Taxiquittungen, Tankbelege, Kassenzettel gescannt werden müssen. Hieran scheitern schon einige Geräte. Für Kleinbelege bieten die Softwarehersteller auch Scann-Apps für Smartphones an, mit denen man das Foto von dem Beleg direkt in die Cloud lädt.
Es gibt spezielle Scanner, die besser für die Digitalisierung von Buchhaltungsbelegen geeignet sind, die z.B. auch längere Kassenzettel oder geknickte Belege sowie unterschiedliche Formate ohne vorsortieren problemlos scannen.
Gute Geräte kosten zwischen 250 Euro und 5.000 Euro Neupreis. Ich rate bei kleinen Betrieben an, den bestehenden Scanner und das Smartphone für die Digitalisierung der Buchhaltungsbelege zu testen und eine Investition vorerst zurück zu stellen.
Digitale Belege hochladen
Meine Erfahrung ist, dass je nach Branche bereits heute zwischen 15 und 60% der Eingangsrechnungen elektronisch bei den Unternehmen ankommen. Diese müssen je nach Software entweder lokal zwischengespeichert und anschließend im Paket in die Cloud geladen werden oder können alternativ direkt per Mausklick aus der E-Mail in die Cloud gezogen werden.
Es gibt auch für größere Anwendungsfälle eine Zusatzsoftware, der man die Mail, die die Eingangsrechnung beinhaltet zuschickt. Die Software leitet die Rechnung selbständig in die Buchhaltungs-Cloud weiter.
Digitale Belege aus Rechnungsschreibungsprogrammen
Häufig verwenden Unternehmer branchenspezifische Warenwirtschaftssysteme, aus denen sie die Rechnungen generieren. Das Warenwirtschaftssystem hat in der Regel die Möglichkeit die Rechnungen auf zwei Wegen für den Steuerberater zu exportieren.
Es wird einerseits mit jeder erzeugten Rechnung ein Buchungssatz generiert, der die Kundennummer als Debitor hinterlegt, das Rechnungsdatum ausweist, ggf. einen Buchungstext erzeugt und je nach Art der abgerechneten Leistung, dem Buchungssatz bereits ein Erlöskonto zuweist.
Dieser Datensatz kann per Schnittstelle als Buchungsvorschlag dem Steuerberater zur Verfügung gestellt werden. Andererseits wird in der Regel ein Bild-Dokument oder PDF-Dokument erzeugt, das die Rechnung abbildet.
Durch eine Zusatz-Software ist es nun möglich, den Buchungsvorschlag mit dem Rechnungsbild anhand der Rechnungsnummer automatisch zu verknüpfen, so dass in der Cloud Lösung des Steuerberaters der digitale Buchungssatz mittels OCR Erkennung und ggf. manuellem Eingreifen des Steuerberaters vervollständigt und ggf. berichtigt werden kann.
Welche Vorteile bietet die Digitalisierung von Buchhaltungsbelegen?
GoDB-Revisionssicheres Archiv
größere Software Unternehmen bieten Ihnen ein sog. GoBD-Revisionssicheres Archiv. Was ist das?
Durch ein BMF-Schreiben aus dem Jahr 2014 wurden die formalen Anforderungen an die Buchführung und die Aufbewahrung der steuerlich relevanten Belege in den GoBD (Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff) geregelt.
Demnach müssen die Daten in angemessener Frist wieder auffindbar, nachvollziehbar, unveränderbar und verfälschungssicher archiviert werden.
Wenn Sie also Ihre Buchhaltungsbelege in die entsprechende revisionssichere Cloud des Softwareherstellers Ihres Steuerberaters laden. Erfüllt dies Ihre Aufbewahrungsverpflichtung. Vorsicht: Ein Vernichten der ursprünglichen Dokumente ist mit diesem Schritt noch nicht möglich (siehe Gliederungspunkt 3.4 Verfahrensdokumentation).
Zahlungsverkehr
Gängige Cloud-Lösungen der Steuerberater bieten den Zahlungsverkehr für Ihre Mandanten mit an. Kostenpflichtige Banking Programme werden damit überflüssig. Durch Eingabe von Zahlungszielen können Skontierungen berechnet und Zahlungen liquiditätsschonend erstellt werden.
Der Unternehmer entscheidet selbst, welche Überweisungen freigegeben, welche noch zurück gestellt, bzw. welche nicht bezahlt werden sollen, weil eine Reklamation vorliegt.
Aktuelle Buchhaltungszahlen
Da der Mandant täglich seinen Posteingang und Postausgang in die Cloud lädt und der Steuerberater durch das Einverständnis des Mandanten, sich täglich elektronische Bankkontoumsätze des Mandanten von der Bank holen kann, ist der Steuerberater mit der Buchhaltung stets auf dem aktuellsten Stand.
So kann das Ergebnis laufend geprüft und der Erfolg besser gesteuert werden. Auch Planzahlen und Soll-Ist-Vergleiche sind jetzt aussagekräftig und sinnvoll.
Mahnvorschlagslisten können tagaktuell anhand der OPOS-Liste erstellt werden, so dass der Mandant ein effektives Mahnwesen vorhalten kann.
Verfahrensdokumentation – Original-Belege vernichten
Über die gesetzliche Aufbewahrungsfrist von Rechnungen von in der Regel 10 Jahren entstehen große Mengen von Belegen. Da ist der Wunsch von Unternehmern, die Belege zu vernichten nachvollziehbar.
Durch eine Verfahrensdokumentation über den ordnungsgemäßen Ablauf der Digitalisierung und Speicherung der Belege und dem entsprechenden revisionssicheren Archiv Ihres Steuerberaters ist das Vernichten der Belege möglich. Diese Verfahrensdokumentation ist regelmäßig zu prüfen und bei Veränderungen anzupassen.
Hinweis: Es ist möglich, dass Unternehmen für Umtausch-/ Gewährleistungsansprüche Original-Rechnungen verlangen. Bei kritischen Sachverhalten oder großen Beträgen ist daher zu überlegen, ob der Beleg dann doch in einem „Notfallordner“ aufbewahrt werden soll.
Zusammenfassung
In naher Zukunft können sämtliche Abläufe rund um die Buchhaltung deutlich schneller und effizienter bearbeitet werden, wenn digitale Belege vorhanden sind. Hierdurch sind in allen Bereichen (Buchhaltung, Zahlungsverkehr, Controlling, Lagerhaltung für Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen) Kosteneinsparungen möglich.
Um von Beginn an von den Effizienzsteigerungen und dem Buchungsautomaten profitieren zu können, ist es jetzt an der Zeit, auf Digitalisierung umzustellen. Sprechen sie mit Ihrem Steuerberater!