Artikel veröffentlicht am: 28. Juni 2023

Erfolgreiche Blogger: Sabine Wirsching und das Blog „Der kleine Brandenburger“

Was war der entscheidende Moment für dich mit dem Bloggen anzufangen?

Im Sommer 2010 war ich beruflich extrem unzufrieden: Ich habe Buchhändlerin gelernt, aber der ständige Umgang mit Kunden war auf die Dauer nichts für mich. von Texten aller Art war ich aber nach wie vor fasziniert: Ich wollte also irgendwie „vom Schreiben“ leben.

So bin ich als Texterin bei einer recht dubiosen Agentur gelandet, bei der ich aber ziemlich fähige Kollegen hatte. Und die haben mir als erstes beigebracht, dass ich Schreiben üben muss. So entstand mein erster Blog, der sich ziemlich kraut-und-rüben-mäßig mit Berlin beschäftigte.

Bald kam ein Musikblog dazu.  Beide waren von eher zweifelhafter Qualität (ich musste noch sehr viel üben!) und sind inzwischen offline.

Was es allerdings noch gibt, sind mein Autorenblog unter www.sabinewirsching.com, den ich zuerst für Kurzgeschichten, dann später für das Crowdfunding für meinen ersten Roman „Druckstaueffekt – Soundcheck: Berlin“ und inzwischen nur noch für Text-Promo nutze.

Mein aktuellen Mama-Blog „Verarbeitung meiner persönlichen Mama-Geschichte und dem Versuch, den Blogbetrieb auch zu monetarisieren. Hier steckt also zum ersten Mal von Anfang an ein Konzept dahinter.

Gab es einen Blog, der dich inspiriert hat? Hast du Vorbilder?

Inspiriert haben mich bei „Der kleine Brandenburger natürlich andere Mamablogs wie Bildern oft auch sehr private Geschichten mit einer großen Community teilen.

Das hat mich dazu gebracht, auf meinem Blog mittlerweile sehr offen über persönliche Erlebnisse wie die Geburt, Ängste oder „Tabuthemen“ wie zum Beispiel Wochenbettbeschwerden zu sprechen. Am Anfang habe ich mich vom Persönlichen her eher bedeckt gehalten – aber dann habe ich gemerkt, dass das nicht nur keiner lesen will: Sondern ich will es auch nicht schreiben!

Ich möchte mich authentisch und direkt ausdrücken. Ich möchte mein Mamasein mit allen neuen Erfahrungen so verarbeiten, dass ich selbst es begreifen kann – und wenn das dann auch noch anderen anderen Mamas hilft oder sie amüsiert… umso besser.

Wie kommst du immer wieder auf neue Themen für deinen Blog?

Bei einem Mama-Blog ist das wohl ganz einfach: Erst hat die Schwangerschaft immer neue Erfahrungen geliefert und immer weitere Dinge, die man für das Baby vorbereitet oder über die man sich Gedanken gemacht hat. mit der Geburt, dem Wochenbett und dem Baby geht das im Prinzip so weiter.

Mein Blog ist also sozusagen eine Chronologie meines Alltags-mit-Kind und mit unserem Kind soll er auch wachsen. Den Bereich „Schwangerschaft & Geburt“ habe ich jetzt abgeschlossen; es folgt „Das erste Jahr mit Fips“ und auch der Bereich Partnerschaft und „Selbstfindung als Mama“ (so der Arbeitstitel) wird jetzt wachsen.

Was kennzeichnet für dich einen guten und erfolgreichen Blog?

Gute Frage! Denn in meinen Augen ist „gut“ und „erfolgreich“ nicht immer dasselbe.

Das ist mir schon zu Buchhändlertagen aufgefallen: Manche Autoren haben eine wunderbare Sprache, eine tolle Geschichte und handwerklich die feinste Art, sie zu erzählen… und deren Werke liegen wie Steine neben der bunten, poppigen Popcornware, die ohne jeden Zauber zuhauf das billigste Liebe-Problem-Happyend-Prinzip wiederholt.

Damit will ich nicht sagen, dass erfolgreiche Autoren oder Blogger immer schlecht sind. Was den Erfolg wohl ausmacht, ist die Tatsache, dass man im Kopf oder im Herz der Leser irgendwas bewegt – und dass man als Schöpfer des Ganzen die richtigen Kontakte hat. Reichweite und Kompatibilität mit dem Leserherz, das sind wohl die beiden Merkmale für Erfolg.

Und als „gut“ empfinde ich persönlich diesen Blog dann, wenn das Handwerk stimmt: Wenn jemand schreiben kann und eine Art Mehrwert schafft – und nicht nur irgendwie irgendwelche Buchstaben raushaut.

Welche Methoden der Monetarisierung funktionieren in deinem Blog gut?

Zur Zeit bin ich in Elternzeit und mit einem sechs Wochen alten Säugling habe ich viel weniger Zeit zum Schreiben als ich gern hätte. Aber wenn das Baby fiept, klappe ich den Rechner zu. Daher läuft der Bereich „Monetarisierung“ gerade etwas nebenbei (zumal ich jeden verdienten Cent von meinem Elterngeld abgezogen bekomme).

Ansonsten geben die technischen Merkmale meines Blogs kein Affiliate-Marketing her, so dass ich in der Regel auf Honorarbasis arbeite und – wenn ich wirklich davon überzeugt bin – auch gesponserte Produkte empfehle.

Lohnt sich das Bloggen für dich?

Finanziell? Dann nicht. Da ist es noch ein eher kleines Zubrot im Rahmen meiner freiberuflichen Schreiberei. Doch wenn „lohnen“ bedeutet, dass mein Herzblut im „Kleinen Brandenburger steckt und mich das Verfassen neuer Beiträge erfüllt, dann absolut.

Am Anfang habe ich vor allem versucht, ein klares Mama-Blog-Konzept aufzubauen, aber je mehr ich meine Persönlichkeit und meine ehrlichen Gedanken einfließen lasse, desto glücklicher macht mich der Blog – und desto positiver ist auch die Resonanz.

Schon in der Schwangerschaft konnte ich mich durch das Schreiben besser in das „neue Leben“ einfinden, das der Bauch mit sich brachte – und wenn ich jetzt als frischgebackene (und entspechend oft verunsicherte) Mama Zeit finde, das neue Alltagschaos in Worte zu fassen, bin ich noch viel dankbarer.

Kurz: Ja, für mich lohnt es sich. Und ideal wäre, wenn auch der finanzielle Part so weit gedeihen würde, dass ich nach dem ersten Jahr Elternzeit noch ein bisschen Zeit erschreiben kann, die ich nicht sonstwo im Büro, sondern zuhause bei meinem Kind verbringen kann.

Wie viel Arbeit muss ein Anfänger ins Bloggen investieren?

Dafür gibt’s eigentlich nur ein Wort (oder zwei, okay): Saumäßig viel.

Es mag erfolgreiche Blogs geben, die mit Affiliate und den richtigen Keywords technisch und finanziell ruck-zuck ideal aufgestellt sind, aber damit kenne ich mich nicht aus. Blogs wie „Der kleine Brandenburger“, die auf persönlichem, informativem und dabei auch noch unterhaltsamem Unique Content bauen, brauchen sehr viel Pflege und Aufwand.

Drei Beiträge pro Woche sollten mindestens in den Anfangsmonaten schon drin sein; dazu müssen parallel Kontakte mit Social Media, mit bestehenden Influencern und erfolgreichen Plattformen geknüpft werden, um eine brauchbare Reichweite zu schaffen. Dafür braucht man schon einige bis etliche Stunden pro Woche.

Meine Leserzahlen variieren immer noch stark – je nachdem, welche Kontakte welche Blogbeiträge promoten, schwankt es zwischen 100 und 2.500 Klicks pro Tag. Und um finanziell unabhängig zu sein, reicht das bei meiner Blogführung noch lange nicht! Aber ich arbeite dran.

Was würdest du heute anders machen?

Noch mehr schreiben (lacht). Nein, vor allem würde ich am liebsten meine ersten Beiträge noch einmal überarbeiten: Damals hatte ich meinen „Brandenburger“-Ton noch nicht gefunden; es war alles noch viel zu steif und unpersönlich. heute schreibe ich direkter und (hoffentlich) auch deutlich unterhaltsamer.

Außerdem dachte ich am Anfang der Schwangerschaft noch, dass ich wüsste, wie das Leben mit Bauch und später mit Baby funktioniert – aber Pustekuchen!! Ich hatte ja keine Ahnung. Über vieles denke ich jetzt anders und das würde ich am liebsten auch hinschreiben.

Aber ich werde wohl schon aus Zeitmangel einfach akzeptieren müssen, dass „Der kleine Brandenburger“ natürlich gewachsen ist – nicht perfekt, aber ganz meins.

Ansonsten habe ich bei diesem Blog einige Fehler zu vermeiden versucht, die ich zum Beispiel bei meinen ersten und sehr wahllos-chaotischen Blogs gemacht habe: Denn im Gegensatz zu damals wusste ich diesmal genau, um welches Thema es sich drehen sollte, wie ich das Ganze aufbauen und erweitern will, für welche Zielgruppe ich schreibe und welches Grundgerüst mir auf Jahre hinaus Content liefern soll.

Das war definitiv ein Fortschritt in Richtung Professionalität – aber auf diese kann ich eben auch erst nach sieben Jahr Texterei zurückgreifen.

Was gefällt dir am besten am Leben eines Bloggers?

Das Schreiben!! Ja, ich weiß, dass einige Blogger mittlerweile ein quasi glamouröses Leben führen und als halbprominente Meinungsmacher überall gern gesehen sind… aber ich passe wohl weniger zu dieser schillernden Truppe, die sich vor allem aus den Bereichen Fashion, Food und Travel zusammensetzt.

Obwohl die Mama-Blogger ja auch zunehmend in diesem „schicken“ Bereich zu finden sind: Sie haben durch die eng definierte Zielgruppe zwar sowas wie einen sprichwörtlichen Milchfleck auf der Schulter, aber glanzvoll und kontaktfreudig sind sie doch.

Mir haftet da wohl immer noch ein wenig menschenscheue Nerdigkeit aus meiner Musik-Blogzeit an… da reichte es nämlich fürs Networking halbwegs, sich in dunklen Konzertsälen rumzutreiben und gelegentlich ein Interview in einer schmuddeligen Garderobe zu machen.

Ein Baby ist als Eisbrecher zwar hervorragend geeignet (und man kann sich auch gut dahinter verstecken), doch richtig glamourös werde ich in meinem Leben also wohl nicht mehr – aber das ist okay.